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11.05.2019 – Moral und Markt - unser faustischer Pakt mit der Evolution


 
Wie viel Moral braucht der Markt? Die Konzernverantwortungsinitiative dreht sich um unseren faustischen Pakt mit der Evolution. Die  NZZ stellt sich auf die Seite des Teufels. Sie befürchtet, dass der Markt im Morast der  Moral versinke könnte.
 
 
 
„Im Morast der Moral“, heisst der Titel des samstäglichen Leitartikels der NZZ. Die Unternehmen, bedauert Thomas Fuster, „werden in der Öffentlichkeit immer seltener nach Massgabe ihrer Ge­win­ne oder Arbeitsplätze beurteilt. Die Güte einer Firma bemisst sich vielmehr an Wohltaten, die in keiner Erfolgsrechnung auftauchen. Als Beispiele solcher Wohltaten werden unter anderem Aktivtäten für eine intakte  Natur, eine gerechte Gesellschaft und ein lebendiges Kulturleben genannt.
 
Das klingt eigentlich sympathisch, sei aber streng genommen Diebstahl – „sozial mit fremden Geld“. Um diesen Gedanken mehr Gewicht zu verleihen, zitiert die NZZ den Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman: “Nur Individuen können Verantwortung tragen, nicht aber legale Konstrukte wie Unternehmen.“ Zudem, so die NZZ weiter,  „arbeiten Manager nicht mit eigenem Geld, sondern mit jenem der Firmeneigentümer, und diese wollen einen Gewinn sehen. Ziel eines Unternehmens muss laut Friedman daher die Maximierung des Gewinns sein. Dies nicht nur aus Respekt vor dem Eigentum, sondern auch deshalb, weil Gewinn messbar ist, soziale Verantwortung aber nicht.“ 
 
Was die NZZ hier umschreibt ist der faustische Pakt, den wir Menschen mit der Evolution abgeschlossen haben. Er geht so: Ich belohne Dich mit unermesslichem materiellen Reichtum, wenn Du es wagst, ein soziales Wesen – die Firma - zu installieren, für das all die sozialen und moralischen Bremsen nicht hat.“ Oder in der Kurzformel: Wohlstand um den Preis der Gefährdung des sozialen Kapitals der Gesellschaft.
 
Dieses evolutionäre Experiment kann nur so lange gut gehen, als die sozialen Institutionen wie Familie, Nachbarschaft, Staat, Gewerkschaften etc. ein ausreichendes Gegengewicht bilden. Doch in den letzten Jahrzehnten, sind viele dieser Institutionen entscheidend geschwächt worden. So stellen etwa die Mobilitäts-und Flexibilitätserfordernisse der Firma bzw. des Arbeitsmarktes die Familien und Nachbarschaften auf eine harte Probe. Und der industrielle Wandel hat die Gewerkschaften viel von ihrer Kraft geraubt. Vor allem aber hat der Standortwettbewerben als Staaten bloss Standorte gemacht und sie der Kapitalverwertungslogik der Firma unterstellt.
 
Die Folgen sind unübersehbar: Steigende Ungleichheit, soziale Unruhen, Massenwanderung, Stalking, Sexting. Bildungsferne Menschen und Staatschefs schreiben Hassmails, NZZ-Redaktoren sprechen in Leitartikeln die Maximierung des Gewinns und den Respekt vor dem Eigentum heilig und haben für soziale Verantwortung nur intellektuellen Hochmut übrig. Kein Wunder stellen Meinungsforscher fest, dass das soziale Vertrauen weltweit seit etwa vier Jahrzehnten abnimmt.
 
Was tun? Zunächst müssen wir das Problem, den faustischen Pakt, erkennen. Das kann man nicht, solange man noch an die Illusion eines von allen politischen Eingriffen befreiten, perfekt funktionierenden Marktes glaubt. Dann ist es zweifellos eine gute Idee, die Firma in die soziale und moralische Pflicht zu nehmen.  Es reicht nicht, wenn die Manager – was die NZZ immerhin erlauben würde  - sich „in ihrer Freizeit und mit dem eigenen Geld“ sozial engagieren.
 
Im übrigen hat die NZZ noch am gleichen Tag in einem Gastkommentar von Professor Peter Nobel denselben Sachverhalt etwas realistischer dargestellt: Die „juristische Person“ sei keine Realität, sondern bloss eine von Gesetzgeber geschaffene Fiktion. Zitat: „Die Unternehmens-AG ist nicht einfach ein «Verein» von Kapitalgebern, sondern eine Institution aus sachlichen Mitteln und einer personellen Organisation.“  Man komme deshalb nicht darum herum, die Konsumenten, „die Beschäftigten, die Lieferanten und die Öffentlichkeit in die Betrachtung einzubeziehen.“
 
Genau diese ständige Auseinandersetzung muss geführt werden. Wenn nicht, wenn wir nur auf das achten, was gemessen und in der Erfolgsrechnung festgehalten wird, dann haben wir uns beim Pakt mit der Evolution verzockt und verlieren alle Wohltaten wie eine intakte  Natur und gerechte Gesellschaft.
 
 
 
 
 
 


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